Felix Woyrsch – Symphony No. 3 · Drei Böcklin-Phantasien

Die zweite CD der Reihe mit Werken von Felix Woyrsch ist bei JPC erschienen. Hier nun die ersten Reaktionen.

Felix Woyrsch

Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 70

Drei Böcklin Phantasien op. 53

Die Toteninsel op. 53 Nr. 1
Der Eremit op. 53 Nr. 2
Im Spiel der Wellen op. 53 Nr. 3

Oldenburgisches Staatsorchester – Thomas Dorsch, Dirigent

Besprechung Klassik heute

Bevor man sich traut, über ein Kunstwerk ein eigenes Urteil zu fällen, müssen offenbar immer die Experten ‘ran, weshalb denn auch der beiliegende, sonst durchaus informative Begleittext mit einem Balanceakt zwischen Theodor W. Adornos nicht eben hilfreich gewesener Philosophie und den theoretischen Ansichten des würdigen Hans Heinrich Eggebrecht beginnt: als ob wir erst Gedankenmuster justieren, korrigieren, assimilieren und akzeptieren müßten, ehe wir so etwas wie die Sinfonik des Spätromantikers Felix Woyrsch goutieren dürften….
Glücklicherweise habe ich, meiner lieben Gewohnheit entsprechend, wieder mehrfach zugehört, ehe ich rückwirkend feststellen konnte, um wie vieles komplizierter und zwiespältiger die Eindrücke an sich gewesen hätten sein sollen. Da war ich aber froh! Denn wer weiß, ob mich die dritte Sinfonie des Mannes aus Troppau, der den größten Teil seines Lebens in Altona Musik gemacht hat, ebenso hätte ansprechen können, wenn ich bei jedem zweiten Takt über die Frage gestolpert wäre, ob man so etwas in den zwanziger Jahren überhaupt noch hätte machen dürfen. Schlimm genug, dass ich mich wiederholt dabei ertappte, wie ich die drei Böcklin Phantasien aus der Zeit der Hamlet Ouvertüre (cpo 777 7442) und des Sinfonischen Prologs zur Göttlichen Komödie (MDG) gegen das Licht der unvergleichlichen Toteninsel von Sergej Rachmaninoff und die Böcklin Sinfonie des Schweizers Hans Huber hielt: als ob ein solcher Vergleich auch nur das Geringste über das kompositorische Potential des Autodidakten Woyrsch aussagte, der sich mit vielem Elan und erstaunlicher Kraft seinen Weg irgendwo zwischen Brahms und Bruckner bahnte, ohne sich in die eine oder andere Richtung eigentlich epigonal zu verirren. Es geht etwas Überzeugendes von dieser Musik aus. Ich spüre, dass hier einer nicht etwa komponierte, weil er der Welt was zeigen wollte oder, ärger noch, weil sich das für den Städtischen Musikdirektor und Chorleiter so gehört hätte. Und Woyrsch ist auch nicht mit dem Tablett am romantischen Buffet vorübergezogen, um fein säuberliche Menüs zu arrangieren: Dann wäre seine Sinfonik viel glatter und polierter ausgefallen, hätten sich die schroffen Kanten und die erdigen Farben verloren – und auch das Anfangsinteresse wäre schnell dahin gewesen, anstatt, wie es tatsächlich geschieht, mit jedem neuen Durchgang merklich zu wachsen. Förderlich sind da selbstverständlich die pure Aufnahmequalität und vor allem die engagierte Ausführung, die sich offenbar auf den Wellenlängen des Komponisten bewegt: Dass bis zur nächsten Veröffentlichung nicht wieder drei Jahre vergehen, wäre ein Ziel, aufs Innigste zu wünschen. (Rasmus van Rijn, 06.03.2015)

NWZ online

Brillante Bläser treffen auf perfekte Streicher

Thomas Dorsch und das Staatsorchester legen CD mit Sinfonie von Felix Woyrsch vor Die erdrückende Last des Sinfonikers Beethoven lähmte einen Brahms lange. Danach fühlte sich ein Felix Woyrsch (1860– 1944) unter dem langen Schatten von Brahms als Sinfoniker lange zu klein. Wie dieser Hamburger Komponist und Musikdirektor sich dann doch befreit hat, lässt sich geschichtlich und musikalisch auf CDEinspielungen des Oldenburgischen Staatsorchesters verfolgen und bewerten. Soeben ist die zweite WoyrschAufnahme unter der Leitung von Thomas Dorsch erschienen. Dorsch, bis ins Jahr 2012 Musikalischer Oberleiter am Oldenburgischen Staatstheater und inzwischen Musikchef am Theater Lüneburg, hatte zusammen mit OrchesterGeschäftsführer Andreas Bertz in den Opera des als „Böhme von Altona” charakterisierten Woyrsch gegraben. In der Hansestadt hatte der vor allem nach dem Ersten Weltkrieg das Musikleben geprägt. Von der Qualität der großorchestralen Musik konnten sich die Oldenburger in den Sinfoniekonzerten überzeugen. Den tonalen und wenig revolutionären Werken ist die Nähe auch zu Bruckner anzuhören. Aber im Charakter mit feinen und grellen Farben und weit reichenden Entwicklungen hat Woyrsch auch eine sehr persönliche Sprache gefunden. Im Juli 2012 ist die erste WoyrschAufnahme beim Osnabrücker Produzenten cpo erschienen, die voluminöse zweite Sinfonie und die HamletOvertüre. Eingespielt wurde sie im NDRSendesaal in Hannover, wie auch die aktuelle Ausgabe. Festgehalten sind jetzt neben der kräftigen und teilweise auch dissonanten dritten Sinfonie die in der Stimmung konzentrierten drei BöcklinFantasien. Die Aufnahmen bereichern außer mit der Bekanntschaft eines charakterstarken Komponisten der zweiten Reihe mit einem eindrucksvollen Leistungsnachweis des Staatsorchesters. „Brillant agierende Bläser” und „perfekt differenzierende Streicher” stellen Fachzeitschriften besonders heraus. Woyrsch sei „in Farbe und Tiefe höchst eindruckvoll erfasst“. Thomas Dorsch wird die Reihe fortsetzen, allerdings ohne das Oldenburgische Staatsorchester. Die nächsten Aufnahmen sind mit der NDRRadiophilharmonie Hannover konzipiert. Von Woyrsch sind sechs Sinfonien und weitere Tondichtungen erhalten. (Horst Hollmann, 28.02.2015)