Der Chef lobt seine Musiker

Das letzte Meisterkonzert der Spielzeit widmete sich russischen Komponisten
Worte des Orchesterchefs eröffneten das letzte Meisterkonzert der Saison im gut besuchten Theater. Etwas Besonderes sei dieses Konzert, sagte Thomas Dorsch, denn das Programm mit drei großen russischen Komponisten und ihren üppig besetzten Werken sei höchst anspruchsvoll. Dass die Lüneburger Symphoniker in großer Besetzung solche Literatur mühelos musizieren können, sei nicht genug zu loben. Derartig traumhaft besetzte Orchester besäßen normalerweise nur viel größere Städte. Dorschs Dank galt auch den Lüneburger Instrumentalisten, die als Gäste regelmässig das Orchester verstärken. Zur Musik wolle er nichts weiter sagen, man möge sie einfach genießen.
Genuss pur boten die Symphoniker, beginnend mit Tschaikowskys „Romeo und Julia”, geschrieben als Fantasieouvertüre zum Schauspiel Shakespeares. Jedoch war weniger die Dramenhandlung als vielmehr die Musik der Berlioz’-Oper „Romeo et Juliette” Tschaikowskis Impulsgeber. Von drei Hauptmotiven bestimmt, die Feierlichkeit, Kampf und Liebe ausdrücken, setzte der Komponist Seelenwelten in Töne einer klassisch geformten Ouvertüre. Dorsch dirigierte sehr fein nuanciert, das Orchester folgte ihm mit phantastischer Klangbalance und -elastizität.
Sie spiele zuweilen sozusagen gar nicht selbst, die Musik passiere einfach, das Klavier sei ein Teil von ihr. So beschreibt die mehrfach preisgekrönte deutsch-japanische Pianistin Caterina Grewe ihre musikalischen Lieblingsmomente. Vollkommen konzentriert setzte sie ihr technisch schier schrankenlos perfektes Klavierspiel ein, um ganz in die verschwenderisch schwelgende Musik Rachmaninoffs einzutauchen. Dessen 2. Klavierkonzert nahm sie mit beherztem Anschlag in Besitz, spielte es mit faszinierender Virtuosität und überbordender Vitalität. Die kaum 28 Jahre junge Pianistin kostete die gesamte Palette der Dynamik aus, genoss die Klangvielfalt des Klaviers und ließ die Melodien mit schöner Empfindung fließen.
Wie Grewes leidenschaftliche Interpretation zeigte, wird Rachmaninoffs Musik zu Unrecht oft als oberflächlich salonesk und effekthaschend bezeichnet. Grewes klug dosierte Emphase und Poesie schloss falsche Sentimentalität aus. So „erzählte” diese „direkt ins Herz” gehende Klassik, wie Friedrich von Mansberg im Programmheft sie beschreibt, „uns quasi singend, wie Welt, wie Leben auch sein könnte”. Als Zugabe bot Grewe den Davidsbündler Tanz „Zart und singend” von Robert Schumann.
Insbesondere berührte die Gefühlswelt der russischen Musik, weil die Symphoniker unter Dorsch durchweg hochsensibel und transparent musizierten. Strawinskys beschwingt, filigran und graziös interpretierte burleske Szenenmusik „Petrouschka” (mit der von Dorsch am Ende eigens gewürdigten, zum Ensemble gehörenden Pianistin Hye-Yeon Kim) offenbarte als temperamentvolles Saisonfinale noch einmal die Qualitäten des Orchesters. Der stürmische Beifall des Publikums nach jedem Musikstück sprach für sich.

Rezension der Landeszeitung Lüneburg